Eine Fahrt nach Spandau ist nichts für Feiglinge. Und zwar nicht wegen des trotzigen Eigensinns, den man den Havelstädtern nachsagt, sondern wegen des Weges dorthin. Er erfordert artistisches Können und Nervenstärke, ein Schuss Todesverachtung kann auch nicht schaden. Dabei hat die Strecke anfangs durchaus Wohlfühlcharakter. Gleich hinter dem S-Bahnhof Heerstraße fährt man ruhig auf der Parallelstraße zur Heerstraße. Selbst dem Parkplatzsuchverkehr der Fußballfans, die ins Olympiastadion wollen, sieht der Radfahrer gelassen entgegen.
Doch dann kommt’s. Ab der Glockenturmstraße verwandelt sich der schöne breite Fahrweg in eine verdammt schmale Rüttelpiste, die selbst hartgesottene Biker vor dem Verkehr erzittern lässt. Nur von zwei durchgezogenen Linien von der Heerstraße getrennt, zieht sich eine dünner Fahrstreifen nach Pichelsdorf, der den Namen „Radweg“ trägt. Links brausen Autos am Radler vorbei, deren Luftsog manchen ins Wanken geraten lässt, rechts begrenzen die Bordsteine des Gehwegs den Fahrraum – nicht nur klaustrophobische Existenzen flüchten da schnell auf den Gehweg. An den Rand gedrängt, auf eine schmale, holprige Piste abgeschoben – die Fahrrad-Strecke zwischen Glockenturmstraße und Pichelsdorf ist wie aus dem Horrorkabinett der Verkehrsplaner von vorgestern.
Verbesserung in Sicht – aber nur auf Spandauer Seite
Offenbar ist auch den Tiefbauämtern in Charlottenburg und Spandau die Gefährdung klar, der Radfahrer auf diesem Fahrstreifen ausgesetzt sind. Man griff zur einfachsten Abhilfe und stellte ein Schild für die gemischte Nutzung des Gehweges für Fußgänger und Radfahrer auf. Womit das Problem auf den Gehweg verlagert wurde. Und daran wird sich auf Charlottenburger Seite leider auch nichts verbessern. „Vom Bezirk aus ist auf absehbare Zeit keine Änderung geplant“, heißt es im Tiefbauamt. Die Mittel reichten nur zur unmittelbaren Gefahrenabwehr aus, eine Verbreiterung oder Neuanlage des Radwegs sei nicht vorgesehen.
Im Tiefbauamt Spandau hat man mehr Problembewusstsein. „Die Strecke ist uns schon lange ein Dorn im Auge“, sagt Amtsleiter Michael Spiza. Sie sei zu schmal angelegt worden und sehr alt, der gemischt nutzbare Fußgängerweg sei nur eine Notlösung. Und man arbeitet an einer Änderung. Auf Spandauer Seite sind Flächen rechts der Fahrbahn erworben worden, um die Verkehrsfläche für Fußgänger und Radfahrer zu verbreitern. Dafür stünden Bundesmittel aus dem Topf zur Neugestaltung der Straßenbrücke über den Stößensee zur Verfügung. Von der Straße wird aber nichts abgezwackt. Auch einen eigenständigen Radweg wird es nicht geben. Der breitere Fußgänger-/Radweg könne 2015 fertig gestellt sein, sagt Spiza. Das wird dann die Radler aus Spandau bis zur Bezirksgrenze freuen. Auf Charlottenburger Seite müssen sie weiter Nervenstärke beweisen.