Das Ritual der Fahrradsternfahrt

Radfahren ist in, Pedelecs sind groß im Kommen, Minister lassen sich umweltbewusst gerne auf dem Rad ablichten  – doch im Alltag tobt der Zweikampf zwischen Autofahrern und Radfahrern um den Platz auf Berlins Straßen munter weiter. Die Fahrradsternfahrt, die am Sonntag wieder stattfindet, will dagegen ein Zeichen setzen: Radler sollen mehr Platz auf den Straßen bekommen, es sollen mehr Radspuren an Hauptverkehrsstraßen eingerichtet werden, es soll mehr Abstellplätze geben, auf Radwegen soll nicht geparkt werden – so die Hauptforderungen.

Es ist mittlerweile die 37. Sternfahrt. Und man hat den Eindruck: Die Demonstration ist in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Ritual geworden. Alle wichtigen Beteiligten unterstützen die Demonstration, auch der Senat listet die Aktion auf – sinnigerweise unter den Wochenende-Ereignissen. Gleich neben dem Umweltfestival am Brandenburger Tor und dem Kindertag. Das sagt einiges über den Stellenwert aus, den man der Sternfahrt in der Politik beimisst. Und irgendwie passt das ja auch: Statt auf aktiven Ausbau des Radwegenetzes zu setzen, schafft man 2009 den Fahrradbeauftragten ab. Statt Schwerpunktsetzung herrscht beim Radwegebau das Gießkannenprinzip, den Bezirken fehlt das Geld für neue Radtrassen, bezirksübergreifende Radweginitiativen gibt es kaum. Dabei ist die Not groß.

Ein radfahrerfreundliches Berlin ist eine charmante Zukunftsperspektive. Daran muss die Stadt aber noch arbeiten. An jeder einzelnen Baustelle, an jedem unbefahrbaren Radweg, überall, wo es noch keine Fahrradstreifen gibt, an jedem überflüssigen Radweg-Schild. Sonst bleiben Sternfahrten Wochenend-Happenings.

Velothon-Vorbereitung

Eigentlich sollte ich nun ja seit zwei, drei Wochen Grundlagentraining machen und vielleicht auch etwas für die Sprintkondition tun. Am 9. Juni steht das Berliner Velothon an, und ich will zum ersten Mal an einem Radrennen teilnehmen. Bergtraining ist ja für Berlin weniger nötig, der Teufelsberg liegt nicht auf der Route, und die Havelchaussee, na ja, die werde ich auch noch schaffen.  Aber Ausdauer müsste man haben – wird meine reichen?

Je näher das Rennen kommt, desto größer werden meine Zweifel. Bin ich überhaupt fit genug? Wird der Nacken zwicken? Und dabei bleibt das Wetter weiter so schlecht, dass ich zum Trainieren kaum aufs Rennrad komme. Und was ist, wenn es am Renntag gießt wie aus Eimern? Fragen über Fragen.

Ich bin ja eher der Rennradler der gemütlichen Sorte, Profis sagen dazu „Genussradler“. Wozu dann ein Rennen? Mich lockt die Vorstellung, einmal die Stadt mit anderen Radfahrern ohne Autoverkehr erleben zu können, in einem großen Pulk, ohne auf Kinderwagen und Fußgänger auf dem Radweg achten zu müssen. Zeitziel habe ich mir keins gesteckt, als Durchschnitts-Tempo habe ich bei der Anmeldung 27 km/h angegeben. Ich weiß, da ist noch viel Luft nach oben. Ambitionierte Kollegen schmunzeln darüber, ich rette mich erst einmal in die Haltung: Der Weg ist das Ziel.