Radfahren in Berlin: Senat startet PR-Kampagne

Der Senat macht offenbar ernst: Am vergangenen Freitag vergab er seinen PR-Auftrag, mit dem er das Radfahren in Berlin populär machen will. Er ging an die Agentur „Velokonzept“ von Ulrike Saade, die unter anderem die Messe „VeloBerlin“ organisiert. Kritiker sehen darin den Versuch, dem erfolgreich gestarteten „Volksentscheid Fahrrad“ für eine bessere Fahrrad-Infrakstruktur Konkurrenz zu machen. Der unausgesprochene Vorwurf lautet etwa: Anstatt bessere Radwege zu bauen, verkauft der Senat sein Nichtstun nun professioneller.

Das Ziel: „Einheitliche Kommunikationsleitlinie“

Das weist Ulrike Saade allerdings weit von sich. „So etwas würden wir nie machen. Schon alleine deswegen nicht, weil wir dann um unseren guten Ruf bangen müssten“. Sie sieht ihre Aufgabe darin, das Thema Fahrrad in der Öffentlichkeit breiter zu verankern. „Es gibt einen Umsetzungsstau in der Verwaltung, die Politik muss mehr machen, auch mehr Geld ausgeben“, sagt sie. Konkret sieht die Aufgabe vor „den Radverkehr sowie das Radfahren in Berlin im Allgemeinen zu stärken und die damit verbundenen positiven Effekte im Bewusstsein der Berliner Bürgerinnen und Bürger weiter zu etablieren“. Die Agentur soll eine „Kommunikationsleitlinie“ entwickeln, mit der eine „stärkere Sichtbarkeit des Themas ‚Radfahren in Berlin‘ erreicht werden soll und eine neue „Radverkehrskultur“ geschaffen werden soll. „Fahrradmobilität soll positiv wahrgenommen werden“, so der Wunsch des Senats. Die Strategie sei nicht als Konkurrenz zur Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ gedacht, sagt der Senat.

Ulrike Saade: Fahrradafine PR-Frau

Ulrike Saade ist seit vielen Jahren in der Fahrradbranche verwurzelt. Sie war Mitbegründerin eines Fahrradfachgeschäfts, war Gründungsmitglied und Geschäftsführerin des Fachhandelsverbandes VSF, sie gilt bundesweit und in Berlin in der Fahrradszene als bestens vernetzt – so ist sie Mitglied in dem regelmäßig tagenden „FahrRat“. Den Auftrag gewann ihre Agentur mit der Münchner Agentur „Green City Projekt“. Ulrike Saade sieht ihre Aufgabe vor allem darin „Ansätze zusammenzustellen“. Das kann ja nicht schaden. Auch wenn der Zeitpunkt verblüffend ist. Aber warum sollte die Verwaltung nicht auch zu der Erkenntnis kommen, die Radfahrer schon lange haben: Berlin braucht bessere Radwege.

Havelchaussee morgens um fünf Uhr: Fast wie Italien

Morgenstimmung an der Havel Foto: Link

Morgenstimmung an der Havelchaussee                                                   Foto: Link

Frühaufstehern möchte an diesen herrlichen Sommertagen eine Fahrt entlang der Havel empfehlen. Ich war am vergangenen Sonnabend um fünf Uhr morgen dort unterwegs – die Vögel pfiffen um vier Uhr schon von den Bäumen, so dass ich aufwachte – und kann sagen: So schön entspannt wie an diesem Morgen habe ich Berlin selten erlebt. Nur vereinzelt waren Berliner auf der Havelchaussee unterwegs, die Nachtschwärmer schwärmten offenbar noch, hin und wieder sah man einen Radfahrer.

Havelchaussee morgens um fünf Uhr

Still lag die Stadt da, die Sonne warf ihr frühes grelles Licht auf die Havel, ein Fuchs sprang über die Straße, ein anderer schaute aufmerksam dem Radler zu, der da seinen Weg kreuzte. Das Licht war so hell und die Luft so lau als befände man sich irgendwo am Mittelmeer. Es fehlte eigentlich nur noch der Duft von Pinien. Den können märkische Kiefern nicht ganz ersetzen, aber mit etwa Phantasie kann man sich im mediterranen Raum unterwegs wähnen. Also, liebe Leute: Früh aufstehen, so schnell kommt ihr nicht mehr ans Mittelmeer wie bei einer Fahrt auf der Havelchaussee in aller Herrgottsfrühe.

Das Restaurantschiff "Alte Liebe"

Das Restaurantschiff  „Alte Liebe“ auf der Havel

Volksentscheid Fahrrad ruft Fahrrad-Sommer aus

Um den Druck auf die Politik für bessere Radwege in Berlin in der Sommerpause aufrecht zu erhalten, hat die Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ einen Berliner „Fahrradsommer“ ausgerufen. Am 17. September sind in Berlin Abgeordnetenhaus-Wahlen – und da sollen sich die Kandidaten doch an die Radfahrer dieser Stadt erinnern. Die Initiative denkt an Aktionen wie Besuche bei den Kandidaten der Parteien, die man nach ihrer Haltung zum geplanten Volksentscheid fragen könnte; man kann Flash-Mobs organisieren, Kinder-Fahrrad-Demos auf die Beine stellen oder Sit-Ins an gefährlichen Kreuzungen.

Unterstützung der Fahrradbranche

Die Initiative verkündet unterdessen, dass über 100 Unternehmen aus der Fahrrad-Branche den Volksentscheid unterstützen. Das scheint auf den ersten Blick nicht weiter verwunderlich, denn die Branche lebt ja vom Fahrrad. Mit politischen Aussagen hält man sich aber gerne zurück – umso erfreulicher ist dieses Engagement. Die Fahrradhersteller fordern darüberhinaus aber auch die deutsche Politik auf, den Ausbau der Radinfrastruktur zu fördern.

Starttermin Donnerstag, 14. Juli, in der TU

Als Auftakt zum „Fahrrad-Sommer“ findet am Donnerstag, 14. Juli 2016, um 19 Uhr eine Werkstatt in der Technischen Universität statt. Sie ist ein offenes Treffen für alle Interessierten. An diesem Tag werden Aktions-Themen und Gruppen vorgestellt. Die Initiatoren werben um kräftige Unterstützung. Der genaue Ort:

  • Erweiterungsbau, Raum 222, Straße des 17. Juni 145, 10623 Berlin, am 14. Juli um 19 Uhr
  • Weitere Termine der Werkstatt
  • Donnerstag, 28. Juli 2016, 19 Uhr
  • 11. August, 19 Uhr – jeweils der gleiche Ort