Rennradtour in Südtirol: Zum Vernagt-Stausee im Schnalstal

Rennrad an einem Stausee

Am Vernagt-Stausee im Schnalstal

Meine Begeisterung für Südtirol hat mich dieses Jahr mit meiner Familie nach Latsch im Vinschgau verschlagen. Die Ortswahl war eher ein Zufall, ich war spät dran bei der Suche – aber das Quartier Montani entpuppte sich als hübscher Standort inmitten großer Apfelplantagen. Ein guter Ausgangspunkt für Rennradtouren und Bergwanderungen. Wenngleich sich die Wanderlust unserer 14-jährigen Begleiterinnen in Grenzen hielt. Radfahren ist hier aber für Berliner – gestählt auf den Hoppelstrecken der Großstadt – ein Erlebnis. Glatte Straßen und Radwege, von denen man nicht einmal träumen wollte, bevor man sie erlebte!

Rennradtour in Südtirol: Zum Vernagt-Stausee im Schnalstal

Etwas leichtsinnig hatte ich angekündigt, dass ich mit dem Rennrad meiner Familie zum Vernagt-Stausee im Schnalstal hinterherfahren würde. Dort ist ein großer Hochseilgarten, den die beiden Mädchen ausprobieren wollten. Die ersten zwölf Kilometer bis Naturns waren auch so recht nach dem Geschmack eines Genussradlers: Es geht vorwiegend auf dem formidablen Radweg bergab.

Durch den Tunnel vor Naturns

Zwei Kilometer vor Naturns kommt es dann aber dick: Man nimmt die Straße Richtung Vernagt und muss durch einen 1100 Meter langen Tunnel fahren. Die rechts davon verlaufende alte Straße sei nicht mehr befahrbar, sagte man im Bio-Markt an der Kreuzung. Von hier zweigt übrigens auch ein Fußweg zu Reinhold Messners „Mountain Museum“ auf der alten Burganlage Juval ab. Die Fahrt durch die Röhre ist wegen des Lärms der Autos und Lkws eine echte Nervenbelastung – ich bin einmal vor Schreck auf den schmalen Randstreifen geflohen, als ein Betonmischer von hinten herankam.

Steil bergauf durch das Schnalstal

Es geht hier 8-10% bergauf. Das gilt leider für die restlichen 20 Kilometer auch, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Meine Hoffnung, hinter der nächsten Kurve möge die Straße etwas flacher verlaufen, wurde nicht erfüllt. Im Gegenteil. Kurz unterhalb der Staumauer des in den 60-Jahren angelegten Sees türmt sich noch einmal ein Hindernis mit sechs Serpentinen auf – ich muss gestehen, hier habe ich den halben Weg geschoben.

Großartige Landschaft

Wenn man neben der Plackerei noch etwas Energie für einen Blick zur Seite hat, dann wird man aber mit einer großartigen Landschaft für seine Mühen entschädigt. Die anfangs enge, felsige Schlucht wird zu einem lieblichen Hochtal mit Obstplantagen, Feldern und Bauernhöfen. Hier und da lädt eine Gaststätte oder ein Café zu einer Pause ein. Interessant ist auch ein Abstecher hoch nach Karthaus mit den Resten des Karthäuserklosters aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts. Kurz vor dem hübschen Hauptort „Unser Frau“ kann man sich in einem Info-Center über die frühe Besiedlung des Tals und die Geschichte seines berühmtesten Wanderers, des „Ötzi“ informieren, dessen Leiche 1991 oben auf dem Niederjochferner gefunden wurde.  Zu einem Besuch in dem „ArcheoParc“ über die frühe Besiedlung des Tals reichte meine Puste leider nicht.

Vor dem Ötzi-Infocenter bei "Unser Frau"

Vor dem Ötzi-Infocenter bei „Unser Frau“

Schweiß, harte Waden und eine rasante Abfahrt

Vor vier Jahren fuhr ich auf das Stilfser Joch und habe es nicht als so anstrengend in Erinnerung wie diese Auffahrt durch das Schnalstal. Während man sich nach den 48 Kehren aufs Stilfser Joch immer wieder mal erholen konnte – und die Steigung auch meist nur bei 8% liegt -, geht es im Schnalstal durchweg bei 10, manchmal 12% aufwärts. Meine Waden wurden hart, der Schweiß tropfte in einem kleinen Bächlein aufs Oberrohr, und das einzig Tröstliche war ein halbwegs kühler Tag. 

Der Vernagt-Stausee

Der Vernagt-Stausee

 

 

 

 

 

 

 

Oben angekommen, war ich fix und alle. Während die beiden Mädchen von dem Hochseilgarten, dem „Ötzi Rope Park„, schwärmten, zitterten mir die Beine. Erst nach einer längeren Pause traute ich mich an die Abfahrt. Die hattes dann aber in sich. Fast 20 km bergab, teils mit über 60 km/ – schneller traute ich mich kaum. Die Landschaft, die ich zuvor in zweidreiviertel Stunden mühsam durchstrampelt hatte, sauste in Windeseile vorbei, und am Ende hatte auch der Tunnel seinen Schrecken verloren. Schneller als 70k,/ dürfen hier Autos auch nicht fahren.

  • Länge: 64 km (Latsch – Stausee – Latsch, Talauffahrt ca. 20 km)
  • Höhenmeter: rund 1000 m
  • Dauer: 2.45 Std. (Meine Zeit)