Neues aus dem Schilderwald

Neu im Schilderwald: "Radwegschäden"  Foto: Link

Neuzugang im Schilderwald: „Radwegschäden“ auf der Schützallee                                  Foto: Link

Der Berliner Schilderwald ist um eine Spezies reicher. So scheint es zumindest, wenn man die Schützallee in Zehlendorf befährt. Seit einigen Tagen überrascht den Radfahrer dort ein Gefahrenzeichen mit dem Zusatz „Radwegschäden“. Es ist zwar so hoch angebracht, dass es eher für Baumbewohner gedacht scheint, zu übersehen ist es aber auch vom Fahrrad nicht. Der Schlagloch-gestählte Berliner Verkehrsteilnehmer vermutet natürlich sofort, dass dieses Schild fällige Radwegreparaturen ersetzen soll – analog zu den Tempo-10-Schildern für Autofahrer auf Schlaglochstraßen.

Doch das Schild soll nicht für die Ewigkeit sein. „Wir müssen aus Haftungsgründen schon auf Löcher hinweisen, die wir nicht gleich reparieren können“, sagt Baustadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne). „Solche Schilder soll eine Reparatur nicht ersetzen“. Straßenbegeher melden dem Tiefbauamt regelmäßig Gefahrenstellen, wenn es nötig ist, werden dann Warnschilder aufgestellt. Ob es nicht billiger wäre, die Gehwegplatten zu ersetzen? Bequemer zu befahren wird der Weg durch das Schild jedenfalls nicht.

Helmpflicht – ja oder nein?

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig trägt eine Radfahrerin Mitschuld an einem Unfall, weil sie keinen Helm aufhatte. Das Gericht hatte in dem Fall einer Frau entschieden, die in eine plötzlich aufgerissene Autotür gestürzt war. Radfahrer ohne Helm trügen eine Mitschuld, wenn ein Helm Kopfverletzungen bei einem Sturz vermindert hätte, urteilte das Gericht. Dies gelte auch dann, wenn der Unfallgegner den Unfall allein verursacht habe. Das Gericht sprach dem Opfer eine Mitschuld von 20 Prozent zu (Urteil vom 5. Juni, Az 7 U 11/12).

Ob man einen Helm tragen soll, ist umstritten. Es gibt zwar gute Gründe für einen Fahrradhelm. Wer jemals bei einem Sturz Bekanntschaft mit dem Asphalt machte, weiß warum. Allerdings gibt es auch Studien, die den Nutzen einer Helmpflicht stark anzweifeln (vgl. dazu: http://www.spiegel.de/gesundheit). Noch existiert eine Helmpflicht für Radfahrer in Deutschland nicht. Dass sie ein Gericht durch die Hintertür nun einführt, ist dreist. Es könnte natürlich ein Versuch sein, den Gesetzgeber zur Einführung der Helmpflicht zu bewegen. Andererseits ist das Urteil fast ein Freibrief für die Fahrlässigkeit von Autofahrern. Zu halten sein wird es deshalb kaum. Das Opfer hat Revision angekündigt, der ADFC unterstützt die Frau dabei.

Aber jenseits des juristischen Streits ist das Urteil auch weltfremd. Hätte der Helm etwa verhindert, dass der Autofahrer in dem betreffenden Unfall die Tür plötzlich öffnete? Das war auch bei der gestürzten Radfahrerin auf der Schorlemerallee nicht der Fall (siehe den Beitrag hier vom 11. Juni). Oder hätte der Helm für mehr Sicherheitsabstand auf der Straße gesorgt? Nein. Den hatten die Bezirksverordneten verwehrt. Hätte ein Helm verhindert, dass die Radfahrerin am Checkpoint Charlie gestern unter die Räder eines Lkws gekommen wäre? Wohl kaum. Wo keine Rücksicht herrscht, nutzen auch Helme nichts.

Radfahren auf dem Gehweg

Erwachsene Radfahrer haben auch Gehwegen nichts zu suchen, und wenn sie dazu noch in der falschen Richtung unterwegs sind, haften sie bei möglichen Schäden selbst. Das berichtet die Zeitschrift „Tour“ (7/2013) unter Bezug auf ein Urteil des Landgerichts Augsburg. Danach war ein Radfahrer auf einem Bürgersteig in falscher Richtung unterwegs, als er mit einem Pkw kollidierte, der aus einer Grundstücksausfahrt fuhr. Das Gericht hielt dem Autofahrer zugute, dass er langsam gefahren sei und dass eine Warnleuchte im Bereich der Ausfahrt in Betrieb gewesen sei.

Der Radfahrer habe dagegen gleich in mehrfacher Hinsicht gegen bestehendes Recht verstoßen. Er sei auf dem Gehweg gefahren, noch dazu in falscher Richtung, und er sei zu schnell gefahren. Seine Schadensersatzklage wegen eines Rippenbruchs und einer Schulterprellung ging leer aus (LG Augsburg, Urteil vom 11. Dezember 2012 – 22 0 2711/12).

Wie man in Japan Parkplatzprobleme mit Fahrrädern löst

Manchmal nervt es ja richtig: Vor allem an den S-Bahnhöfen in Berlin sind kaum noch Abstellplätze für Fahrräder zu finden. Das gilt besonders für Umsteigebahnhöfe wie Friedrichstraße oder Alexanderplatz, aber auch an Streckenhaltestellen wie am S-Bahnhof Charlottenburg findet man im weiten Umkreis kaum eine Abstellmöglichkeit für sein Rad. Darüber beschwert sich regelmäßig nicht nur meine fahrradfreundliche Schwiegermutter (76).

Vielleicht sollten S-Bahn und Senat einmal in das ferne Japan schauen. Dort gibt es in den dicht bevölkerten Großstädten noch weniger Platz als hierzulande. „Parken unter der Erde“ ist das platzsparende Konzepte, um in den Innenstädten Parkplätze für Fahrräder zu schaffen. Gleichzeit wird die Umgebung vor unschönen Massen abgestellter Vehikel bewahrt. Das folgende Video zeigt, wie das Konzept funktioniert.

Japanische Fahrrad-Garage

Unfall auf der Schorlemerallee

Unfall auf der Schorlemer Allee im Juni 2013  Link

Unfall auf der Schorlemer Allee im Juni 2013                                            Foto: Link

Es ist einer jener Verkehrsunfälle, wie sie sie häufig passieren. Er ereignete sich am Dienstagabend auf der Schorlemerallee. Die Straße wurde im vergangenen Jahr lange Zeit umgebaut und neu asphaltiert, in der Mitte entstand der alte Grünstreifen wieder mit jungen Bäumen. Gerne gehen hier Menschen entlang, sitzen auf den Bänken oder führen ihre Hunde aus. Wenn man auf der Straße Richtung Breitenbachplatz fährt, geht es angenehm bergab.

Eine Dame war kurz vor 19 Uhr auf der Schorlemmer Allee mit ihrem Fahrrad unterwegs. Sie fuhr auf der Straße links neben den Autos, die am Rand parkten. Kurz vor der Einmündung der Englerallee passierte es: Ein Autofahrer öffnete die Fahrertür seines Wagens „sehr plötzlich“, wie eine Zeugin sagte. Die Radfahrerin habe keine Chance gehabt auszuweichen. Sie fuhr in die geöffnete Autotür und wurde über die Tür auf die Straße geschleudert. Dort lag sie, als ich auf dem Nachhauseweg vorbeikam, Feuerwehr, Notarzt und Polizei waren da. Passanten hatten erste Hilfe geleistet, eine junge Frau hielt ihre Hand. Der Autofahrer, der seine Tür geöffnet hatte, sprach mit der Polizei. Nach kurzer Zeit wurde die Frau auf einer Liege in den Rettungswagen geschoben. Dort, wo ihr Kopf gelegen hatte, war Blut auf der Straße.

Eigentlich ist die Schorlemerallee eine schöne Straße, auch zum Rad fahren. Seit Dienstagabend ist sie auch eine gefährliche Straße.

BVV weigert sich, eine Fahrradspur anzulegen

P.S. Warum man bei der Sanierung der Schorlemerallee keinen Fahrradstreifen anlegte, ist auf der   Website von Wolfram Däumel schön nachzulesen (www.däumel.de).  Er hat die Diskussion in der BVV aus den Jahren 2009 bis 2012 dokumentiert. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hätte damals einen separaten Fahrradstreifen auf der Straße sogar bezahlt. Die CDU hielt das aber nicht für nötig – man fürchtete den Verlust von Parkplätzen – und befragte die Anwohner. Sie lehnten einen Radweg ab. Das Ergebnis von soviel Bürgersinn konnte man am Dienstag auf der Straße sehen.

Ramsauer ernennt Fahrradbeauftragte

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat Birgitta Worringen zur Radverkehrsbeauftragten seines Ministeriums ernannt. Damit will das Ministerium offenbar die Bedeutung des Fahrradverkehrs im Rahmen der nationalen Verkehrsplanung unterstreichen. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub begrüßt die Entscheidung, fordert aber einen nationalen Fahrradbeauftragten auf Regierungsebene, um Aspekte des Radverkehrs bei der Planung aller Ministerien besser zu berücksichtigen.

Ein Aufkleber für mehr Sicherheit

Der neue Warnaufkleber von ADFC und Taxiverband  Grafik: ADFC

Der Warnaufkleber von ADFC und Deutschem Taxi- und Mietwagenverband  Grafik: ADFC

Auf Radwegen erlebt man es häufig: Plötzlich öffnet sich die Tür eines parkenden Autos. Wohl dem, der schnell reagiert. Und gute Bremsen hat. Am besten beides.

Solche Schrecksituationen soll der neue Warnaufkleber verhindern, den der ADFC und der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband gerade vorgestellt haben. Das Piktogramm soll in den Taxis im Blickfeld des Fahrgastes angebracht werden und die Passagiere zu Vorsicht beim Öffnen der Türen anhalten. In einer Startauflage wurden 100.000 Stück an die Taxiunternehmer des Verbandes verteilt. „Der Warnaufkleber ist ein sinnvoller Beitrag zur Sicherheit der Radfahrer und der Taxipassagiere“, sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende des ADFC, Ludger Koopmann.

Mehr Fahrräder auf die Straße

Die Straßenverkehrsordnung soll nach einer Mitteilung des ADFC zum 1. April 2013 in einem Bereich neu gefasst werden. Danach sollen künftig nicht mehr bevorzugt Radwege angelegt werden, die Radfahrstreifen auf der Fahrbahn sind einem Radweg gleichgestellt. Das dürfte für mehr Radverkehr auf den Fahrspuren der Autos sorgen.

Der Grund ist klar: Radwege sind für ein zügiges Vorankommen zu schlecht, oft genug auch von Kinderwagen, Hunden und Baustellen blockiert. Zudem ist die Unfallgefahr auf den Radwegen hoch: Radfahrer werden dort leicht übersehen. Künftig dürften Radler also schneller vorankommen. Bleibt nur zu hoffen, dass uns die Autofahrer auch auf der Fahrbahn auch wahrnehmen.